Jürgen Höfinghoff| 28. Oktober 2012

Ohne das Spiel

Liebe Gisela, Liebe Familie Kieselstein, Sehr geehrte Damen und Herren!

„Ohne das Spiel wäre das Leben ein Irrtum.“

In dieser Aussage des Philosophen Friederich Nietzsche wird das Spiel als existenziell wichtiger Teil unseres Lebens betrachtet. Zu einer Besonderheit – zu einem festen Bestandteil unseres Lebens. Zu einer grundsätzlichen Bedeutung für uns alle – und im Augenblick dieser Gedenkfeier an Dieter werden wir uns der Bedeutung des Spiels erst bewusst.

Das Spiel – hier Puppenspiel – haben Dieter und Gisela ab 1963 gelebt und geliebt und sind sicher damit einem Irrtum des Lebens ausgewichen. Sie haben ihr gemeinsames Leben zu einer Besonderheit gemacht, und auch uns einen großen Irrtum erspart.

Insbesondere mir ist mit den Kieselsteinen ein großer Irrtum erspart worden und ein Bazillus von großer Dimension gesetzt worden, der mich auch noch nach 38 Jahren fest im Griff hat.

1973 : Anstellung als Programmleiter im Revierpark. Im November erster Kontakt mit dem Theater Kieselstein

1974 : im Frühjahr: „Wie heißt das Zebra?“

1976 : waren Dieter und ich uns einig, es läuft mit dem Puppenspiel so gut, machen wir ein ganzes Wochenende Puppenspiel.

1977 : installierten wir die „Tage des deutschen Puppenspiels“.

Acht Aufführungen, davon zwei Aufführungen für Erwachsene. P.K. Steinmann mit „Der Besuch der alten Dame“ und ein Abend unter dem Thema „Nachts schlafen die Puppen nicht“. Teilnahmen meiner Erinnerung nach: Die Kieselsteine, P.K. Steinmann, „Der Heidekasper“ Walter Büttner, Das Mühlheimer Puppentheater.

Improvisationen: Stimmbildung des Publikums, Kasperiaden an der Spielleiste ohne Vorhang, Vogelgezwitscher an und auf einem Baum.

Das war der Druchbruch. Dieter: „Das müssen und können wir noch verfeinern.“

Und von da an wurde jedes Jahr ausgeschrieben. Dieter half uns bei der Auswahl von ca. 30 Bewerbungen mit ca. 60 Inszenierungen. Das wachsende Interesse der Besucher war enorm. Ebenso das der Figurentheater.

An jedem Festival gab es dann 36 Aufführungen mit durchschnittlich 8500 Besuchern.

Zwei Drittel der Aufführungen waren schon im Dezember ausverkauft. Die Gala schon am ersten Vorverkaufstag.

Und immer wurden die Tage des deutschen Puppenspiels beendet mit einer Gala: „Puppenspiel bei Bier und Kerzenlicht“.

Moderatoren waren Dieter, Metty, P.K. Steinmann und dann Bruno Knust. Bei allen Abschlussabenden waren die Kieselsteine dabei. Mal mit Hand-, mal mit den unverwechselbaren Kieselsteinschen Klappmaulfiguren.

Still wurde es im Saal, wenn Dieter seine Marionettenszenen spielte, und das in höchster Perfektion!

Der Li-La-Launebär, von 1989 bis 1994 gemeinsam mit Metty in RTL gezeigt, war 1991 Gast im Revierpark. Dieter und ich holten eine Couch aus dem Musiktheaterfundus und setzten uns vor das Theater und warteten auf den Bus aus dem Park, der uns abhohlen sollte. Dieter machte während der Wartezeit Reklame für das Puppenspiel im Park.

Beide Kieselsteine boten Puppenspielwerkstätten und -basteln an. Viele Familien kamen wegen der starken Nachfrage nicht mehr an Karten, und die beiden legten noch jeweils zwei weitere Zusatzangebote auf.

Und das Publikum durfte mitmachen! Das Licht im Salal ging erst aus, wenn alle tüchtig bliesen. Nicht nur die Kinder staunten jedes Mal über das Ergebnis. (Die Regie war immer angewiesen, erst auf mein Zeichen das Licht zu löschen.)

Als letzte Erinnerung: Als die Kieselsteine bei einer Gala geehrt werden sollten, wurde von ihrem Parkplatz aus eine weiße Kieselsteinspur bis zum Eingang des Freizeithauses gelegt. Eine Hommage an Dieter und Gisela. Nicht nur auf ihren Namen, auch auf Ihre Leistungen im Revierpark Nienhausen.

Nein, liebe Gisela, das Leben mit dem Spiel war kein Irrtum. Das Puppenspiel ist bei mir und vielen anderen zu einem festen Bestandteil des Lebens geworden.